- Tagung des Deutschen Arbeitskreises für Papiergeschichte in Aschaffenburg (8.-11. Oktober 1992)
Daß die Gründung des Deutschen Arbeitskreises für Papiergeschichte im November 1990 in Berlin eine nützliche und auch notwendige Tat war, haben die bisher mit Erfolg durchgeführten Jahrestagungen in hohem Maße bewiesen. Vom 8. bis 11. Oktober 1992 fand nun die dritte Zusammenkunft der Mitglieder und Interessenten der Papiergeschichte in Aschaffenburg statt. Dieser Veranstaltungsort war gewählt worden, um auf Aschaffenburg als traditionellen Standort der Papier-, Zellstoff- und Buntpapierfabrikation sowie auf die Bemühungen um den Erhalt der dortigen alten Papiermühle aufmerksam zu machen. Als Rahmenthema für die Tagung war das Motto "Papier - zum Schreiben, Drucken und wofür sonst" vorgegeben worden. Hierzu sprachen Herr Dr. Wolfgang Schlieder, Leipzig, über die Vielfalt der Papiersorten als Spiegel gesellschaftlicher Bedürfnisse sowie Herr Georg Oligmüller, Bergisch Gladbach, über die historische Entwicklung und Bedeutung von Papier und Karton als Verpackungsstoff. Die Herren Horst Döpfner und Martin Emegg aus Österreich referierten über die Verwendung und Verarbeitung von Papiermaché und stellten ein daraus abgeleitetes modernes Projekt einer ökologischen Faserstofftechnologie vor. Der Vortrag von Herrn Günther Wegele, Immenstadt, über die Geschichte, Herstellungskriterien und Archivfähigkeit von alterungsbeständigem Papier und Karton war ebenfalls dem Rahmenthema gewidmet.
Wie auf jeder Tagung des Arbeitskreises kamen auch wieder die Vertreter der verschiedenen papierhistorischen Einrichtungen und Museen zu Wort. Herr Rolf Bauche vom Industriemuseum "Alte Dombach", Bergisch-Gladbach, berichtete von den bauarchäologischen Untersuchungen an den Gebäuden der Papiermühle und vom Fortgang der Sammel- und Aufbautätigkeit in seinem Museum.
Der Leiter des Referats Papierhistorische Sammlungen im Deutschen Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Bücherei Leipzig, Herr Dr. Frieder Schmidt, faßte in seinem Vortrag über die Perspektiven der Papiergeschichtsforschung die zukünftigen Aufgaben im Fachgebiet zusammen. Er gab einen Überblick über die dringend noch zu bearbeitenden Forschungsthemen, deren Untersuchung in den letzten Jahrzehnten allgemein vernachlässigt wurde. Mit großer Aufmerksamkeit verfolgten die Tagungsteilnehmer auch den Bericht über die 21. Papierhistorikerkonferenz der Internationalen Arbeitsgemeinschaft der Papierhistoriker e.V. (IPH) im September 1992 in Wien, der vom Sekretär der lPH, Herrn Ludwig Ritterpusch, und von Frau Magdalene Christ, Geschäftsführerin der Stiftung Zanders, Papiergeschichtliche Sammlung, Bergisch Gladbach, vorgetragen wurde.
An die Vorträge und Berichte schlossen sich jeweils sehr lebhafte Diskussionen an, in denen u. a. Probleme bei der Sicherung und musealen Nutzung ausgesonderter Maschinen sowie Fragen der zentralen Erfassung papierhistorischer Daten und Kooperationsmöglichkeiten des Deutschen Arbeitskreises für Papiergeschichte mit der IPH erörtert wurden.
Im Rahmen der Tagung nahmen die anwesenden Fachkollegen an der Eröffnung der Ausstellung "Papierverhältnisse" teil. Hier wurden in zwei Pavillons des Landschaftsparks Schönbusch bei Aschaffenburg Arbeiten von elf Künstlern aus USA und Deutschland gezeigt, die Papier und Pappe in unterschiedlicher Weise als künstlerisches Medium nutzen.
Bei der Besichtigung der erhaltenen Gebäude der 1797 gegründeten Papiermühle in Aschaffenburg-Damm verfolgten die Tagungsteilnehmer mit besonderem Interesse die Ausführungen von Herrn Stefan Meisel, dem Organisator der Tagung, der sich um die Sicherung und den Ausbau der Papiermühle große Verdienste erworben hat. Der 1992 gegründete Förderverein "Papiermühle Aschaffenburg" wirbt mit Ausstellungen und Veranstaltungen für den Erhalt und strebt deren Nutzung als papierhistorisches Zentrum an, unter Berücksichtigung der traditionellen Rolle Aschaffenburgs als Standort der Papier-, Zellstoff- und Buntpapierherstellung.
Eine Exkursion führte die Tagungsteilnehmer nach Triefenstein am Main, wo in der Papiermühle Homburg neben den Fabrikationsgebäuden auch die technische Einrichtungen und Maschinen zur Papierherstellung vorhanden sind. Es ist sehr zu begrüßen, daß sich die Besitzer seit der Stillegung der Produktion um den Erhalt der Anlage bemühen. Nach baulicher Sicherung und besichtigungsgerechter Sanierung stünde hier ein sehr interessantes Denkmal der Öffentlichkeit zur Verfügung.
Zum Abschluß der Zusammenkunft vereinbarten die Mitglieder des Arbeitskreises, dessen 4. Tagung vom 23. bis 26. September 1993 in Leipzig durchzuführen. Sie wird hier im Deutschen Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Bücherei stattfinden und soll u. a. der Vorstellung der Leipziger Aktivitäten auf dem Gebiet der Wasserzeichenerschließung und der papierhistorischen Forschung dienen. nach Überführung der Wasserzeichensammlung der ehemaligen Forschungsstelle Papiergeschichte am Gutenberg-Museum Mainz nach Leipzig, die bislang im deutschen Museum in München lagerte, durch die Arbeit an einer papiergeschichtlichen Bibliographie im o. a. Museum und andere Vorhaben kann Leipzig den Tagungsteilnehmern einige interessante Neuigkeiten des Fachbereichs bieten.
Wolfgang Schlieder (Leipzig)