Die Hoeschs, Poensgens und Heyers zu Gast am Kaffetisch – Buchbesprechung zu Poensgen & Co.Akt.Ges., Papierfabrik Kieppenmühle in Bergisch Gladbach; herausgegeben von A.Eßer, S.Schachtner und J.Schneider.
Die vorliegende Publikation zeichnet die Entwicklung eines Familienunternehmens von der Gründung bis zu seiner Aufgabe über drei Jahrhunderte nach. Anders als bei herkömmlichen Firmenchroniken, die sich häufig auf die Aneinandereihung von Ergeignissen beschränken, wird hier ein sehr persönlicher Rückblick auf den Aufstieg und Niedergang einer Papierfabrikationsfirma mit einer Familiengeschichte verwoben. An den vielen kleinen Episoden (Produktinnovationen, Bilanzierungen, Finanzierungen, Erbregelungen, Grundstückstauschgeschäften) wird deutlich, wie sehr der Aufstieg der Kieppenmühle zwar immer von persönlichem Engagement, Geschick und Entbehrungen einzelner Führungspersönlichkeiten geprägt war, aber über zwei Jahrhunderte stets von einer ganzen (mitarbeitenden) Familie getragen wurde.
Über den gesamten Zeitraum (1670-1966) kam es auf dem Gebiet der Papierherstellung zugleich zu mehreren bedeutenden technologischen und auch politischen Umbrüchen, denen sich die Kieppenmühle und die Familie Poensgen immer wieder neu stellen mussten, was sie über viele Jahrzehnte auch erfolgreich meisterten.
Es wird zugleich nachvollziehbar, wie mit wachsender Größe die Bedeutung der Firma, aber auch deren Wirkungs- und Absatzraum stieg, weshalb externe Einflüsse (z.B. 1. WK, Inflation, Zwangsbewirtschaftung, 2. WK) für die Kieppenmühle in zunehmendem Maße einschneidende Entwicklungshemmnisse darstellten.
Mit der 1922 sicherlich notwendigen Umstellung auf eine Kapitalgesellschaft/AG werden Firma und Familie immer mehr – nicht nur örtlich – voneinander entkoppelt, wenngleich auch einzelne Familienmitglieder bis zu Produktionseinstellung noch an entscheidenden Positionen für die Firma tätig sind.
Besonders für die Zeit nach dem 2. Weltkrieg/ab 1950 gewinnt man den Eindruck, dass es einerseits der Familie nicht mehr gelang, die für notwendige Investitionen notwendigen Finanzmittel bereitzustellen oder zu beschaffen („Die Bemühungen, die Kieppenmühle durch die Herstellung von Spezialitäten auf eine gesunde Basis zu stellen, scheiterten immer wieder an den unzureichenden technischen Voraussetzungen, die nur mit einer Modernisierung und Vergrößerung des weitaus größten Teils des Maschinenparks hätten geschaffen werden können.“S.228), und es andererseits der Familie am Ende mehr um ihre Interessen aus den entsprechenden Kapitalanteilen ging („Als Kaufpreis verpflichtete sich Waldhof, die Rentenansprüche der Familie Poensgen, (…) zu übernehmen. Sie setzen sich zusammen aus den Aktienanteilen der Familie einschließlich der Schwestern unseres Vaters Felix Poensgen zuzüglich der Pensionsansprüche aus den Vorstandsverträgen unseres Vaters (Witwenrente für unsere Mutter) und Max Poensgen.“ S.232).
Aufgrund großen Investitionsbedarfs (durch Wiederaufbau und technologische Weiterentwicklungen) entstehen neue finanzielle Abhängigkeiten, für deren rein wirtschaftliche Entscheidungen am Ende die regionale Verwurzelung keine Rolle mehr spielt, was letztlich zur Schließung der Firma 1966 führt.
Mitunter verliert man als Familienfremder bei der Schilderung der Familienverhältnisse und als Ortsfremder bei den örtlichen Bezügen etwas die Übersicht. Alles in allem gibt diese lesenswerte Veröffentlichung jedoch einen sehr persönlichen Blick auf eine fast 300-jährige Firmen- und Familiengeschichte.